Wird eine Person, die in den Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört (Ehepartner, Kinder, ggf. Enkelkinder, Eltern) durch ein Testament oder einen Erbvertrag von der Teilhabe am Nachlass durch Enterbung oder Nichtberücksichtigung enterbt, steht ihm ein Pflichtteilsanspruch zu. Dieser Pflichtteilsanspruch muss innerhalb von drei Jahren nach dem Erbfall bei dem Erben/den Erben geltend gemacht werden.
Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Wertersatzanspruch in Geld, was voraussetzt, dass der Pflichtteilsberechtigte die Höhe seines Anspruchs berechnen muss. Die Höhe des Anspruchs kann er aber nur dann berechnen, wenn er exakt die Zusammensetzung des Nachlasses kennt, insbesondere auch die Werte. Dies ist bei Grundstücken/Immobilien durch ein Sachverständigengutachten vom Erben in Gang zu setzen, bei Geldvermögen durch Vorlage von Bankunterlagen, bei sonstigem Vermögen ggf. durch Schätzung oder auch Einholung von Gutachten.
Nun ist nicht jeder Erbe einsichtig und wirkt an den Auskünften ausreichend mit. Immer wieder kommt es vor, dass Informationen durch den Erben an den Pflichtteilsberechtigten nur schleppend, unvollständig oder gar nicht erteilt werden. Gibt es noch Auslandsvermögen, erschwert sich das Ganze noch einmal. Deshalb bereits sollte man die Pflichtteilsregelung auf beiden Seiten in die Hände eines Fachanwalts für Erbrecht legen.
Auch für Fälle, in denen die Auskünfte vermutlich nicht vollständig sind, sieht das Gesetz vor, dass der Pflichtteilsberechtigte verlangen kann, dass der Erbe einen Notar beauftragt ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Die Kosten dieses Nachlassverzeichnisses werden vom Nachlass, d.h. vom Erben gezahlt. Der Pflichtteilsberechtigte trägt damit indirekt in der Höhe seiner Quote die Kosten des notariellen Verzeichnisses mit.
Das notarielle Verzeichnis wird als amtliches Verzeichnis bezeichnet und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Der Notar ist verpflichtet, was durch eine Reihe von Urteilen mittlerweile festgeschrieben ist, dass er selbst Ermittlungen anstellt, die ein vernünftiger Pflichtteilsberechtigter für erforderlich hält. Die Formell in solchen Urteilen lautet wörtlich: „Der Notar hat diejenige Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde.“
Deshalb muss der Notar den Erben und Dritte Personen nach naheliegenden Umständen befragen, muss Auskünften bei Banken einholen – auch bei ausländischen Banken – (siehe BGH Urteil 20.05.2020, IV ZR 193/19). Er muss die Wohnung oder das Haus des verstorbenen Erblassers persönlich aufsuchen, damit er sich selbst ein Bild von den vorhandenen Nachlassgegenständen (Hausrat, Auto, Möbel, Teppiche, Antiquitäten) verschaffen kann.
Die Feststellungen des Notars muss er in einem systematischen Verzeichnis niederschreiben und hierbei sehr genau sein. Nachdem ein solches notarielles Verzeichnis vorliegt, kann der Pflichtteilsberechtigte meistens wesentlich konkreter seine Ansprüche stellen. Ob ein solches notarielles Verzeichnis erforderlich ist, sollte ein Fachanwalt für Erbrecht mit dem Pflichtteilsberechtigten besprechen, da bei etlichen Nachlässen dies natürlich gar nicht sinnvoll ist, sondern nur Geld kostet.
Mitgeteilt von
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Marwin H. Roth, Saarbrücken