Frau M. erbt gemeinsam mit ihrem Bruder Franz das Elternhaus, ein 2-Famlilienhaus. Beide werden Miteigentümer zu ½ in Erbengemeinschaft. Die verstorbene Mutter lebte bis zu ihrem Tode im Erdgeschoss, Franz lebt seit 20 Jahren im ersten Obergeschoss. Zeitweise wohnte eine Freundin bei ihm, jetzt lebt er dort alleine.
Franz hat an seine Mutter niemals irgendwelche Mietzahlungen erbracht. Er fuhr mit ihr regelmäßig zum Einkaufen und kümmerte sich nach Bedarf um den Garten. Frau M. schlug ihrem Bruder vor, dass das Elternhaus verkauft wird, er auszieht und man sich dann den Erlös teilt. Es lag auf der Hand, dass Franz nicht in der Lage war, seine Schwester durch Übernahme des Elternhauses auszuzahlen. Daraufhin verlangte Frau M. von ihrem Bruder 3.500,00 Euro für 10 Monate an die Erbengemeinschaft zu zahlen, weil er im Haus wohnte. Sie verlangte von ihrem Bruder eine mietähnliche Nutzungsentschädigung für die alleinige Nutzung der Immobilie, zumindest für das halbe Haus, welches er bewohnte. Der Bruder lehnte jede Zahlung ab.
Frau M. suchte daraufhin den Saarbrücker Fachanwalt für Erbrecht Marwin H. Roth auf und wollte, dass dieser für sie beim Bruder seit dem Erbfall, der zu diesem Zeitpunkt bereits 10 Monate zurücklag, eine Nutzungsentschädigung geltend macht. Der Erbrechtsanwalt klärte sie auf: Ein Nutzungsentschädigungsanspruch, wie sie Frau M. von ihrem Bruder haben wollte, wird nicht alleine dadurch ausgelöst, dass ein Miterbe die Immobilie ganz oder teilweise alleine nutzt. Eine solche erbrechtliche Konsequenz gibt es nicht. Nachvollziehbar möchte Frau M. von ihrem Bruder jedoch eine Entschädigung haben, weil er dort wohnt. Sie kann dies nur dadurch erreichen, dass sie bei ihrem Bruder für die Zukunft eine Neuregelung der Nutzung verlangt, das heißt sie kann von ihm verlangen, dass er künftig, wenn er weiter in dem Objekt wohnen bleiben möchte, an die Erbengemeinschaft (nicht an Frau M. alleine) eine angemessene Nutzungsentschädigung bezahlen muss. Dies kann sie damit verbinden, dass sie zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft über ihren Anwalt eine Teilungsversteigerung des Objektes betreibt, die dazu führt, dass das Objekt ein paar Monate später versteigert werden kann, somit ihr Bruder später ausziehen muss, wenn der Ersteigerer dies verlangt und der Bruder bis dahin (allerdings erst ab dem Verlangen der Schwester nach einer Neuregelung) Monat für Monat Leistungen an die Erbengemeinschaft erbringt. Konkret musste er 350,00 Euro monatlich bezahlen, sowie natürlich die von ihm ausgelösten Verbrauchskosten.
Diese Zahlungen gehen dann in den gemeinsamen Erbengemeinschafts-„Topf“ und sind dann im Zuge der Erbengemeinschaftsauflösung, spätestens wenn der Versteigerungserlös verteilt wird, auch unter den Miterben entsprechend ihren Anteilen zu verteilen. Die rechtliche Einschätzung, die der Fachanwalt für Erbrecht Marwin H. Roth gegenüber Frau M. angewendet hat, entspricht auch der ständigen rechtlichen Einschätzung der Gerichte (zuletzt durch das Landgericht Mönchengladbach in einer vor wenigen Wochen ergangenen Entscheidung, Az.:11 O 1/16).
Merke:
Eine bloße Zahlungsaufforderung an den Miterben, damit er für das Nutzen einer zum Erbe gehörenden Wohnung zahlen muss, reicht nicht aus. Es muss von dem Miterben eine Neuregelung verlangt werden, die auch künftige Nutzungsentschädigungszahlungen verlangt. Gegen diese kann sich dann der Miterbe, der die Wohnung nutzt, nicht mehr erfolgreich zur Wehr setzen. Andernfalls muss er ausziehen.
Eltern können solche Probleme dadurch vermeiden, dass sie bereits testamentarisch oder in einem Erbvertrag festhalten, ob und inwieweit sie über ihren Tod hinaus bestimmte Verhaltensweisen, Zahlungspflichten, aber auch Duldungspflichten unter ihren Erben verbindlich regeln.
Wichtig ist, dass sich Hausbesitzer über solche Fragen zu Lebzeiten Gedanken machen. Ihnen ist dringend empfohlen, sich an eine/n erfahrene/n Fachanwältin/Fachanwalt für Erbrecht zu wenden, um spätere Streitereien unter den Kindern zu vermeiden.
Marwin H. Roth
Fachanwalt für Erbrecht, Saarbrücken