Stirbt ein Angehöriger, haben die ihm nahestehenden Menschen nicht nur Trauerbewältigung zu leisten, sondern die Erben viel zu regeln. In der heutigen Zeit stellt sich dann zur Überraschung vieler Angehöriger oder Erben unter Umständen auch heraus, dass der Verstorbene im Internet erhebliche digitale Spuren hinterlassen hat. Ein Teil der digitalen Spuren kann das sog. „digitale Vermögen“ sein. Hierauf weist der Saarbrücker Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht, Marwin H. Roth, hin. Darunter versteht man die Rechtsverhältnisse des Verstorbenen mit informationstechnischen Anbietern oder Systemen.
Versterben Menschen, die im Netz aktiv waren, hinterlassen sie häufig erhebliche regelungsbedürftige Verhältnisse. Dazu gehören Kommunikationsanbieter (E-Mail-Accounts), kostenpflichtige Abonnements, vor allem aber auch Dateien, Daten und Bilder. Betroffen sind nicht nur Computer, sondern auch Smartphones, Telefonanlagen, Social Media-Mitgliedschaften wie z. B. Facebook, Instagram, Linkedin, Xing u. a. Ohne Zugangsdaten kann der Erbe dann kaum etwas erreichen. Sind die Provider im Ausland ansässig und stehen insbesondere die Server in den USA oder in anderen Ländern, wird es meist ganz schwierig. Die Anbieter beziehen sich darauf, dass sie den Erben als Rechtsnachfolger nicht akzeptieren und kooperieren meist nicht. Teilweise werden Todesmeldungen bezüglich eines Mitgliedes damit beantwortet, dass dann dieses Mitglied als „verstorben“ gekennzeichnet wird und sämtliche Daten auf einen virtuellen Friedhof kommen. Dort kann man nichts mehr aktivieren oder erreichen. Auch die von Google im Netz gespeicherten Daten von Personen inklusive den Bildern gehören zum sog. digitalen Nachlass. Alle diese meist virtuellen Dateien, auch solche, die in einer Cloud unter Codewort abgespeichert sind, beinhalten viele persönliche Informationen und Daten des Verstorbenen. Solche Informationen, insbesondere das frühere Persönlichkeitsbild des Verstorbenen prägende Fakten, sind dann im Netz dauerhaft weiter abrufbar.
Wichtig ist für den Erben, dass er weiß, dass es nach manchen Rechtssystemen (auch Deutschland) nicht darauf ankommt, wer Erbe ist, weil die Persönlichkeitsrechte nicht auf den Erben übergehen. Hier könnten bestenfalls dann engste Angehörige, auch wenn diese nicht Erben geworden sind, tätig werden. Dies sind dann Eltern, auch Kinder. Kümmern sich diese nicht darum, sind dem Erben die Hände gebunden. Insbesondere können Erben oder Angehörige häufig auch solche Accounts nicht beenden, weil Ihnen die Zugangsdaten fehlen. Leichter dürfte es sein, Online-Abonnements zu kündigen, wie beispielsweise Musik- und Videobörsen oder auch Paypal-Zahldienste.
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass jeder eine international gültige, mehrsprachige, sehr umfassende Vollmacht persönlich ausstellen und unterzeichnen sollte, solange er lebt, um dann auch nach seinem Tod mit dieser Vollmacht dem Bevollmächtigten die Möglichkeit zu eröffnen, mit den entsprechenden Rechten versehen Verträge zu lösen und auch Datenspuren löschen zu lassen.
Ein besonderes Interesse könnte beispielsweise auch bei Eltern oder nahen Angehörigen bestehen, die ein Familienmitglied durch Selbstmord verloren haben. Oftmals weiß man nicht, warum der betroffene Mensch sich selbst das Leben genommen hat. Anhaltspunkte findet man dann häufig im Internet, in Social Media oder speziellen Blogs, zu denen die Angehörigen aber keinen Zugang haben. Handelt es sich nicht um eine Strafsache, in deren Verlauf sich die Staatsanwaltschaft Zugang verschaffen lässt, können dann die Angehörigen kaum etwas über den Verstorbenen und seine Motive erfahren.
Insgesamt handelt es sich bei der Frage, wie der digitale Nachlass zu behandeln ist, um eine in vielen Rechtsbeziehungen noch nicht geregelte Problematik, vor allen Dingen, wenn Auslandsbezug hinzu kommt. Nur wenige Anwälte in Deutschland kennen sich mit diesen Themen aus. Der Erbe oder Angehörige muss auch bereit sein, hierfür finanzielle Mittel in die Hand zu nehmen, um Erfolg zu haben.
Wie der Fachanwalt für Erbrecht, Marwin H. Roth, an dieser Stelle den Menschen rät, sollte jeder darüber nachdenken, derartige Fragen rechtzeitig, d. h. noch zu Lebzeiten zu prüfen und auf seine persönlichen Verhältnisse abgestimmt zu klären. Helfen können auch beispielsweise verschlossene hinterlegte Zugangsdaten. Ändern sich diese allerdings im Laufe der Benutzungszeit, ist natürlich eine zurückliegende verschlossene Hinterlegung wieder nichts wert. Sie ist dann überholt. Der digitale Nachlass gehört folglich wie die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft oder die Realisierung oder Abwehr von Pflichtteilsansprüchen in Todesfällen in professionelle Hände übertragen, weil nur damit gesichert ist, dass Angehörige oder Erben nicht auch noch bei erbrechtlichen Regelungen im Trauerfall in juristische Fallen hineinlaufen oder Zeit und Geld in erbrechtliche Regelungen investieren, die nicht zu einem Ergebnis führen. Ob digitaler Nachlass, ob Verwaltung oder Auflösung von Erbengemeinschaften anstehen: Es empfiehlt sich immer, den rechtlichen Rat eines Erbrechtsfachmanns einzuholen und sich von ihm in den wesentlichen Punkten dann auch helfen zu lassen.
Marwin H. Roth
Fachanwalt für Erbrecht